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Es werden Posts vom November, 2017 angezeigt.

Und Sonntags gehts zum Türken. Janitscharenmusik und Mozart in Gaza

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Seitdem der Herr Verratichnicht in mein Leben getreten ist, habe ich eine zwischenzeitlich vernachlässigte Angewohnheit wieder aufgenommen: Türkisch essen. Vor meinem Umzug nach Sachsen eine Selbstverständlichkeit, nachdem ich sowohl in London als auch in Stuttgart in Gegenden gewohnt hatte, in denen es von türkischen Supermärkten (und den dazugehörigen türkischstämmigen Mitbürgern) nur so wimmelte. Sie (die Mitbürger, nicht die Supermärkte) machten einen beachtlichen Teil meines Freundeskreises aus, mein ehemaliger Freund (selbst Kurde) besaß sogar einen entsprechenden Laden, so dass ich damals lebte wie die Made im Schlemmerland und mir auf meinem ersten Raubzug durch die Dresdner Supermärkte die Gesichtszüge entgleisten. WO waren all die Sachen, die ich mir täglich einverleibte? Wo waren die eingelegten Artischockenböden? Wo gab es gute Bakklava? Warum kosteten die Spitzauberginen ein Vermögen? Und warum bekam ich verwirrte Gesichter präsentiert, wenn ich nach Okraschoten f

Kriegswichtige Spottmusik? Wenn Musik eine Waffe ist

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Nachbarn und Musik, das ist so ein Thema, das Generationen von Menschen, die eigentlich friedlich nebeneinander herleben, oder einander sogar freundschaftlich zur Hand gehen könnten, zu erbitterten Feinden machen kann, ja mitunter Gerichtssäle füllt. Und das vermutlich seit der Erfindung der Klopfgeräusche oder der Singstimmen Wenn also Uga-Uga mit seinen Kumpels eine Sause veranstaltete und mit seiner Knochentrommel den Beat gab, während Nunu und Gaga lauthals sangen und mitklatschten, dann tat er gut daran, seinen Höhlennachbarn im Neandertal vorher darüber in Kenntnis zu setzen und um Erlaubnis zu bitten, sonst konnte dieser auf die Idee kommen, seine Keule einzupacken und ein bisschen mitzufeiern. Einen direkten Zusammenhang zu der Tatsache, dass   die meisten Schädelfunde aus dieser Zeit fragmentarisch sind, also hauptsächlich aus Splittern oder abgefallenen Unterkiefern bestehen, möchte ich an dieser Stelle nicht ziehen, das Problem der allabendlichen Privatdisko in

Entscheiden Sie sich jetzt! Was ist eigentlich ein Melophon?

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Als ich den Begriff „Pseudoorgel“ (Pseudoorgue) zum ersten Mal las, fühlte ich mich spontan in meine Kindheit zurückversetzt: In meine ersten Versuche, bei der musikalischen Früherziehung einmal den Friedemann zu geben und in die Orgeltasten zu hauen, dass all den Barockschnullerkindern vor Schreck die Blockflöte aus dem Mund fiel. Toccata und Fuge, volles Programm eben. Das mir eigene Instrument bestand aus knallorangefarbenem Vollplastik, musste eine Viertelstunde vor Spielbeginn eingeschaltet werden, um der Kiste genug Zeit zu geben, sich mit Luft vollzupumpen, und ist vermutlich verantwortlich für mein äußerst gespaltenes Verhältnis allen Orgeln gegenüber. Erstens war der Elektromotor, ein Wunderwerk der Spielzeuginstrumententechnik der 70er Jahre, fast lauter als die Töne, die er zu erzeugen vermochte, und zweitens bewegte sich der Informationsaustausch (Drücken der Taste --> Freisetzen der Luft --> Erklingen des jeweiligen Tons) mit der Geschwindigkeit einer orientie

Wer hat die Längsten? Paganinis geheimnisvolle Finger

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Wenn man den Sportler Oscar Pistorius erwähnt, muss man aufpassen, nicht in Diskussionen verwickelt zu werden, die man so gar nicht führen wollte, zu viele Geschichten und Schlagzeilen ranken sich um den Mann mit der Beinprothese. Dabei sollte es genau um diese Sache gehen: Die Prothese, beziehungsweise die Diskussion, die ausgelöst wurde, als er begann, wirklich erfolgreich zu werden und andere Sportler ohne Gadgeto-Beine aus dem Rennen zu drängen. Die selben Stimmen, die ihm zuvor aufgrund der Beinprothese nichts zugetraut hatten, erzählten plötzlich etwas von unlauterem Wettbewerb und Vorteilen, die sich aus High-Tech-Gliedmaßen ergeben. Dass man auch mit einem künstlichen Bein selbst rennen muss, anstatt sich tragen zu lassen, war kurzfristig aus den Köpfen verschwunden und bescherte seinem Kollegen Markus Rehm ähnliche Probleme. Kann er nun weiter springen, weil sein Bein einfach elastischer ist, als meines? Oder bin ich ganz einfach ein Leben lang eine Niete gewesen, was Lei